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Das Brodtener Steilufer ist ein ca. 4 km langer Küstenstreifen der Lübecker Bucht in Schleswig-Holstein, der vom Ostseebad Niendorf (Gemeinde Timmendorfer Strand) und dem Lübecker Ostseebad Travemünde begrenzt wird. Das Brodtener Steilufer bekam seinen Namen durch das gefurchte, mitunter turmhohe Kliff als auch durch das nah gelegene Dorf Brodten (aus dem Slawischen: „Der Ort nahe dem Wasser”), welches seit 1935 zum Stadtteil Lübeck-Travemünde und somit zur Hansestadt Lübeck gehört. Das nähere Hinterland wird auch als Brodtener Winkel bezeichnet, das sich wiederum im Travemünder Winkel befindet.
Es gibt zwei Möglichkeiten das Brodtener Ufer zu erkunden. Der Wanderweg oberhalb des Brodtener Steilufers zeichnet sich durch seine bequeme Begehbarkeit, Fahrradtauglichkeit und die traumhaften Panorama-Weitblicke auf das Meer als auch in das Schleswig-Holsteinische Hügelland aus. Der schwerer begehbare Wanderweg unterhalb der Steilküste (Abbruchkante), der direkt an der Brandung verläuft, ist durch Meeresrauschen, Uferabbrüche, herabgestürzte Bäume, Schwemmholz, Treibgut, Tang, Muscheln sowie Steine aller Größen und Farben geprägt. Das untere Ufer ist bei Anglern sehr beliebt, welche bis zu den Knien im Wasser auf ihren Fang ausharren. Die einzige Treppe, welche direkt an der Kante des Steilufers hinab führt, befindet sich nahe dem Jugendhaus Seeblick (Wieskoppel/Brodten), ca. 1 km vom Ostseebad Niendorf entfernt.
Die Geburtsstunde des Brodtener Steilufers liegt in der letzten großen Eiszeit (Weichseleiszeit zwischen 110.000 und 20.000 v. Chr.). Durch die einsetzende Eisschmelze formte eine gewaltige Gletscherzunge die heutige Lübecker Bucht. Die mit dem Gletscher transportierten Sandmassen, Mergel und mannsgroßen Findlinge lagerten sich in Form einer Moräne ab, welche den Verlauf der heutigen Ostseeküste prägt.
Im Normalfall würden die heute ca. 15-20 m hohen Kliffe durch Erosion geglättet und komplett mit Vegetation überwuchert sein. Allerdings handelt es sich beim Brodtener Steilufer um ein überwiegend aktives Kliff. Das bedeutet, durch Abbruch frisst sich das Meer jedes Jahr durchschnittlich einen Meter in das Land hinein. Der Auszug vom Katasteramt Lübeck von 1926 und die Landkarten der Lübeckischen Blätter von 1901 (Quelle: H.-P. Kröger/Brodten) stellen diesen Landverlust anschaulich dar. Der Abbruch entwickelt seine stärkste Dynamik in der kalten Jahreszeit. Durch den peitschenden Wellenschlag der Winterstürme aus Ost-Nordost, starke Regenfälle mit einhergehender Aufweichung und Auswaschung der unterschiedlichen Sedimentschichten als auch gefrierendes, sich im Volumen ausbreitendes Sickerwasser wird das Abgleiten von Teilen des Steilufers drastisch beschleunigt.
Die Sandmassen aus dem Landabbruch des Steilufers werden durch küstenparallele Strömungen sowohl nach Travemünde als auch in die innere Lübecker Bucht gespült. Dieser Sand hat die Bildung der beliebten Strände von Travemünde, Timmendorfer Strand, Niendorf, Scharbeutz, Sierksdorf etc. begünstigt. Und sogar die weit entfernten Berliner sonnen sich im Strandbad Wannsee (Wannseelied) auf dem Sand vom Brodtener Ufer, dass güterwaggonweise von Timmendorfer Strand gestiftet wurde (Beweisfoto). Neben diesem angenehmen Effekt setzt der Sand allerdings auch der Fahrrinne der Trave zu, sodass diese regelmäßig ausgebaggert werden muss, um den Fähr- und Frachtverkehr der Lübecker Häfen aufrecht zu erhalten. Größere Steine bleiben in der Uferzone des Steilufers liegen. Daher sind große Teile des schwerer zugänglichen unteren Uferweges mit sehr großen Geschiebeblöcken übersät. Weitere Informationen zur Entstehungsgeschichte erhalten Sie bei einer geführten Exkursion.
Strandpiraten sollen im Mittelalter Leuchtfeuer am Brodtener Steilufer angezündet haben, um die Handelsschiffe der Hanse, mit dem Ziel Lübecker Hafen, auf die vorgelagerten Sandbänke zu locken. Nach dem Stranden konnten die Piraten die manövrierunfähigen, prall gefüllten Koggen entern und die wertvolle Fracht plündern. Die Steine am Brodtener Steilufer wurden in den früheren Jahrhunderten vom Menschen weiterverarbeitet und zum Bau von Befestigungsanlagen, Wasserwegen, Straßen und Häusern genutzt. Da diese Wellenbrecher allerdings den Landverlust spürbar eindämmen, wurde die Entnahme der Steine ab dem 19. Jahrhundert untersagt. Sehen Sie dazu auch den Auszug aus den Lübeckischen Blättern von 1901 (Quelle: H.-P. Kröger/Brodten).
Seit Jahrhunderten sieht man vom Brodtener Steilufer aus Fischerboote, welche ihre Netze in der Lübecker Bucht auswerfen. Einige dieser Fischerboote stammen aus dem sehenswerten und authentisch erhaltenen Fischerdorf Gothmund. Der kleine Hafen von Gothmund liegt, umgeben von reetgedeckten Fischerhäuschen, in einer natürlichen Lagune der Trave, flussaufwärts ca. 15 km von Travemünde entfernt. Zahlreiche Bilder und Fakten zur Fischerreihafen erhalten Sie auf der Internetseite Fischerdorf Gothmund. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts dürfen auch die Niendorfer Bauern die Fischfanggebiete der Lübecker Bucht nutzen. So sieht man heute am Brodtener Steilufer auch Fischerboote des 1922 erbauten Niendorfer Hafens, der sich nur 4 km westlich vom Brodtener Steilufer entfernt befindet. Bilder und Informationen zum lebendigen Fischereihafen finden Sie auf der Internetseite Niendorfer Hafen.
Ab dem 19. Jahrhundert wurde die natürliche Schönheit des Steilufers zunehmend für den Gesundheitstourismus des aufstrebenden Kurbads Travemünde interessant. Aus dieser Zeit stammt auch die Hermannshöhe - ein vor dem Ersten Weltkrieg errichtetes Ausflugslokal, welches durch einen im Mai 2012 eröffneten Neubau ersetzt wurde. Der Wanderweg am Brodtener Steilufer ist heute eine gute Ergänzung im touristischen Angebot der Badeorte, da er ganzjährig für die Themen Sport, Gesundheit und Entschleunigung vermarktet und auch genutzt wird. Der obere Wanderweg des Brodtener Steilufers trägt gute 4 km zu den ca. 7.980 km des Ostseeküsten-Radwegs (EV10) bei. Dieser, auch als Hansa-Route bezeichnete, Radfernweg läuft einmal komplett um die Ostsee herum. Den genauen Streckenverlauf können Sie hier betrachten. Reisetipp: Besuchen Sie für gesunde Wanderungen auch den Pfänder hoch über dem Bodensee.
Die Gesamtheit aus Brodtener Steilufer und dem landwirtschaftlich geprägten Hinterland wird Brodtener Winkel genannt. Dieser zeichnet sich durch eine große Vielfalt an Landschaftsbildern sowie eine schützenswerte Pflanzen- und Tierwelt aus. Des Weiteren ist der Brodtener Winkel der letzte unverbaute Küstenabschnitt an der Lübecker Bucht, einer der touristisch beliebtesten Regionen in Deutschland. Er steht komplett unter Landschaftsschutz.
Weite Teile des Brodtener Steilufers als auch die ca. 20 Quadratkilometer große Flachwasserzone vor dem Steilufer werden als Europäisches Vogelschutzgebiet ausgewiesen. Da die Lebensbedingungen am Steilufer für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten einzigartig sind, dürfen die Steilhänge nicht künstlich gesichert und müssen dem natürlichen Wechselspiel der Elemente (Wasser, Wind und Temperaturschwankungen) ungestört ausgesetzt werden. Das Brodtener Steilufer beherbergt mit bis zu 2600 Brutröhren eine der größten Uferschwalbenkolonien in der Bundesrepublik. Des Weiteren stellt das Steilufer ein bedeutendes Rast- und Überwinterungsgebiet für Wasser- und Zugvögel dar.
▶ Livecam Brodtener Steilufer nahe Startpunkt Golfplatz Travemünde
▶ Livecam am Startpunkt Niendorfer Balkon
▶ Wetter und Wettervorhersage für Brodten
▶ Aktueller Regenradar von Norddeutschland
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